Die Corona-Krise hat dem US-Flugzeugbauer Boeing im abgelaufenen Quartal einen höheren Verlust eingebrockt als befürchtet. Im zweiten Quartal stand unter dem Strich ein Verlust von rund 2,4 Milliarden US-Dollar (gut 2 Milliarden Euro), nachdem das Flugverbot für den Mittelstreckenjet 737 Max ein Jahr zuvor bereits ein Minus von 2,9 Milliarden Dollar verursacht hatte. Damit fiel der neuerliche Verlust in etwa doppelt so hoch aus wie von Analysten im Schnitt erwartet. Immerhin: Mit 5,3 Milliarden Dollar verbrannte der Konzern im abgelaufenen Quartal im Tagesgeschäft weniger Geld als befürchtet.
Boeing-Chef David Calhoun hat aufgrund der schlechten Zahlen weitere Personaleinschnitte signalisiert. "Bedauerlicherweise bedeuten die anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, die zu weiteren Produktionskürzungen und sinkender Nachfrage nach Flugzeugen führen, dass wir die Anzahl unserer Mitarbeiter überdenken müssen", schrieb er in einem Memo an die Belegschaft. Der US-Luftfahrtkonzern hatte im April angekündigt, die Mitarbeiterzahl um rund zehn Prozent zu reduzieren, was in ungefähr 16 000 Stellen entsprechen würde.
Der Konzern die Produktion seiner Langstreckenjets nun noch weiter zurückfahren. So sollen im kommenden Jahr monatlich nur noch sechs Exemplare des Langstreckenjets 787 "Dreamliner" fertig werden. Die Produktion der noch größeren Boeing 777 und ihrer Neuauflage 777X soll auf zwei Maschinen pro Monat sinken. Die Auslieferung der ersten 777X erwartet Boeing erst im Jahr 2022. Die Produktion der 737 Max, deren Wiederzulassung das Management bald erwartet, fährt derzeit erst langsam wieder hoch.
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Darüber hinaus stellt der US-Flugzeugbauer in zwei Jahren die Produktion seines legendären Großraumflugzeugs Jumbo Jet 747 ein. Nach mehr als 50 Jahren werde die Fertigung 2022 auslaufen, teilte der Konzern mit. Die Boeing 747 war 1970 in Betrieb genommen worden und war lange Zeit das größte Passagierflugzeug der Welt. Konzernchef Dave Calhoun begründete den Schritt mit der derzeitigen Marktentwicklung.
Derzeit sind noch 16 Bestellungen für die aktuelle Frachtversion 747-8F offen. Die ikonische 747, der Jumbo Jet, war bis zur Einführung der A380 das größte zivile Passagierflugzeug. Mit der 747-8, die gegenüber dem Vorgänger 747-400 mit einem verlängerten Oberdeck, neuen Triebwerken und neuen Flügeln ausgestattet, wollte Boeing zu Beginn der 2010er an die erfolgreiche Jumbo-Ära anknüpfen.
Doch die Anzahl der Bestellungen konnte nie die Erwartungen erfüllen. Während die Frachtversion es immerhin noch auf 106 Bestellungen brachte, konnte Boeing nur drei Airlines für die Passagierversion begeistern: Lufthansa (19), Korean Air (10) und Air China (7) haben zusammen 36 der modernsten Passagierjumbos im Dienst.
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Wie die A380 musste sich die 747 in den letzten beiden Jahrzehnten der Konkurrenz immer leistungsfähigerer und größerer Twinjets erwehren. Diese hatten mit ihren zwei Triebwerken deutliche Effizienzvorteile im Airline-Alltag und sind mit 250 bis 350 Passagieren flexibler einsetzbar als die großen Vierstrahler.
Größter 747-Betreiber war lange Zeit British Airways, die noch vor einigen Jahren 29 Maschinen der 400er-Version betrieb. In der Corona-Krise wurden die Maschinen jedoch ausgemustert. Derzeit größter Betreiber ist die Lufthansa mit 28 Flugzeugen. Sie wird es auch noch einige Zeit bleiben, denn die ab 2012 eingeflotteten 747-8 sind allesamt noch recht jung.