Easyjet hat desaströse Quartalszahlen vermeldet, verbreitet aber zugleich Zuversicht, das Schlimmste hinter sich zu haben. Mit einer pandemiebedingt komplett gegroundeten Flotte vom 30. März bis zu 15. Juni brach der Umsatz im zweiten Quartal um mehr als 99 Prozent auf sieben Millionen Pfund (7,75 Millionen Euro) ein - im Vorjahreszeitraum waren es noch über 1,7 Milliarden Pfund. Vor Steuern und Sondereffekten verbuchte Easyjet daher einen Verlust von rund 325 Millionen Pfund, nachdem hier ein Jahr zuvor noch ein Gewinn von 174 Millionen gestanden hatte.
Seit der Wiederaufnahme des Flugbetriebs Mitte Juni konnten bis zum Quartalsende am Ende des Monats 117.000 Passagiere (Q2/2019: 26,3 Millionen) befördert werden. Die Auslastung lag bei rund 89 Prozent.
Seitdem gehe es jedoch steil bergauf, versicherte Easyjet-CEO Johan Lundgren bei der Vorstellung der Zahlen. Im Juli seien bereits wieder zwei Millionen Passagiere an Bord begrüßt worden. "Unser Fokus liegt derzeit darauf, nur Strecken zu fliegen, die auch wirklich profitabel sind."
"Wir haben über 800 Millionen Euro verbrannt"
Davon gibt es scheinbar immer mehr. Derzeit würden 147 Strecken bedient, im Laufe des Augusts sollen es laut Lundgren 210 werden. Es sei ermutigend, dass man aktuell eine höhere Nachfrage verzeichne als erwartet. "Daher haben wir beschlossen, unser Flugangebot bis zum vierten Quartal auf circa 40 Prozent der vor der Krise geplanten Kapazität zu erweitern." Ursprünglich wollten die Briten im Spätherbst auf 30 Prozent des normalen Flugplans kommen.
Trotz den etwas positiveren Aussichten will die Fluggesellschaft in vollem Umfang an einer umfangreichen Restrukturierung festhalten. "Wir haben im dritten Quartal über 800 Millionen Euro bei den Betriebskosten verbrannt," stellte Lundgren fest. Das sei zwar weniger als die befürchteten 1,1 Milliarden, es müsse aber sichergestellt werden, dass sich Easyjet nach der Krise in einer wettbewerbsfähigeren Position befinde als davor. Die Reorganisation werde die Kosten in allen Geschäftsbereichen senken. Dazu gehört auch die Reduzierung der Mitarbeiterzahl um bis zu 30 Prozent.
Das Sparprogramm trifft auch die größte deutsche Easyjet-Basis in Berlin. Sowohl die Zahl der stationierten Flugzeuge als auch die Arbeitsplätze in der Hauptstadt will der Billigflieger nahezu halbieren. Die innerdeutschen Routen sollen ganz wegfallen. Die Mitarbeiterzahl am Standort soll sich deutlich reduzieren, die Verhandlungen laufen. Die Planungen sehen auch einen Netzumbau vor. Man werde künftig nur noch europäische Städte- und Urlaubsziele anbieten, teilte die Airline mit, die seit dem Air-Berlin-Aus der größte Anbieter in der Hauptstadt ist.
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In puncto Liquidität wähnt man sich in London mittlerweile weitgehend auf der sicheren Seite. Nach vorerst scheinbar befriedeten Unstimmigkeiten unter den Anteilseignern konnte im zweiten Quartal eine Kapitalerhöhung in Höhe von 14,99 Prozent des bisherigen Aktienkapitals umgesetzt werden. Das spülte rund 419 Millionen Pfund in die Kasse. Damit belaufe sich die seit Beginn der Covid-19-Pandemie bisher zusätzlich aufgebrachte Gesamtliquidität auf über 2,2 Milliarden Pfund. Neben den neuen Aktien seien private und staatliche abgesicherte Kreditlinien von rund 1,4 Milliarden Pfund in Anspruch genommen worden. Weitere 405 Millionen Pfund stammten aus Sale-and-lease-back-Transaktionen, die langfristig bis zu 50 Prozent der Flotte umfassen könnten. Für dieses Jahr sei geplant, noch sechs weitere Maschinen zu verkaufen und umgehend wieder zu leasen.
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Mit Blick auf immer noch tobende Covid-Pandemie kritisierte Lundgren die Entscheidung der britischen Regierung, dass alle Einreisenden aus Spanien nach ihrer Ankunft in Großbritannien wegen des Coronavirus in eine zweiwöchige Quarantäne müssen. "In großen Teilen Spaniens gibt es weitaus geringere Infektionsraten als in Großbritannien." Seit der Einführung der Quarantänepflicht hätten nur wenige Easyjet-Kunden ihre Spanien-Reisen storniert. "Die Menschen fliegen und nehmen die Quarantäne in Kauf." Allerdings gebe es nur wenige neue Buchungen. Lundgren sprach sich für zugeschnittene Regeln für einzelne Regionen aus - wie sie etwa die deutsche Regierung ausgesprochen hat.
Auch für das wichtige Sommerquartal erwartet Lundgren rote Zahlen. Der Verlust dürfte allerdings geringer ausfallen als im abgelaufenen Quartal. Das Geschäftsjahr des Billigfliegers läuft Ende September aus. Doch selbst so kurz davor wollte das Management wegen der großen Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Coronavirus-Pandemie keine Finanzprognose abgeben.