Der von der Corona-Krise schwer getroffene Reisekonzern Tui sucht einen Partner für sein Airline-Geschäft. Im Interview mit der "Börsen-Zeitung" hat Firmenchef Friedrich Joussen das Ziel angegeben, die teuren Flugzeuge als Anlagegüter von der Tui-Konzernbilanz zu entfernen. Tui brauche zwar Zugriff auf Airline-Kapazität, was aber nicht zwangsläufig bedeute, dass die Flugzeuge auf der Bilanz sein müssten, erklärte der Vorstandschef.
Joussen äußerte sich nicht konkret zu möglichen gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen einer künftigen Airline. Er schloss aber aus, die Flugzeuge künftig nur noch zu leasen. Modell könnte daher die Kreuzfahrtsparte stehen, bei der Tui ihre Schiffe in ein Joint Venture mit Royal Caribbean eingebracht hat.
Seine europäische Flugzeugflotte will der Konzern von derzeit rund 150 Maschinen deutlich verkleinern. Die deutsche Teilgesellschaft Tuifly soll von 39 auf 17 Maschinen schrumpfen, auch in Schweden und England werden Flugzeuge stillgelegt, bestätigte der Tui-Chef.
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"Wir haben uns zum Ziel gesetzt, mit unserer Größe, Kostenstruktur und unserer Technik im Airline-Bereich auch partnerfähig zu werden", erklärte Joussen. Zu einer möglichen Partnerschaft mit dem angeschlagenen Ferienflieger Condor äußerte sich der Tui-Chef nicht.
Condor befindet sich derzeit in einem Schutzschirmverfahren und will nach überstandener Corona-Krise einen neuen Investor finden. Laut Medienberichten wird im politischen Raum über eine gemeinsame Zukunft der Ferienflieger nachgedacht.
Gewerkschaften warnen vor Outsourcing
Gewerkschafter hatten das geplante Vorhaben zur Reduzierung der eigenen Flottenkapazität scharf kritisiert. Tui sei der weltgrößte Reisekonzern und verfüge über eine gute Buchungslage für die kommende Winter- und die folgende Sommersaison. Tuifly plane, die Kapazitäten billig im Ausland über externe Subunternehmer zuzukaufen.
Bei Tuifly gibt es aktuell rechnerisch in Vollzeit rund 2000 Jobs, davon 1400 Piloten und Flugbegleiter. Vor der Konzernzentrale in Hannover hatten Verdi sowie die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit eine Kundgebung mit rund 300 Mitarbeitern aus ganz Deutschland organisiert.
Betriebsräte waren das Tuifly-Management ebenfalls hart angegangen. Sie sehen die Lasten der Viruskrise teils als Vorwand: Der Konzern wolle von einer nicht hinreichenden Finanzausstattung etwa infolge zu hoher Dividendenzahlungen ablenken.
Vor allem im Deutschland gelten die Fronten zwischen Belegschaft und Unternehmensführung bereits seit Langem als verhärtet. Bereits mehrfach hatte das Management angesetzt, die deutsche Tuifly deutlich zu verkleinern. Zuletzt kam es 2016 zu Verwerfungen um den Zukunftskurs und Bummelstreiks der Belegschaft.
Zuvor kam es 2009 und 2014 zu teils heftigen Auseinandersetzungen mit den Beschäftigten, die sich im Endeffekt aber immer durchsetzen konnte und einen deutlichen Abbau von Kapazitäten bei Tuifly verhindern konnte.