Die EU-Kommission hat die Corona-Slotregeln für den kommenden Winterflugplan festgelegt. Demnach werden die Start- und Landerechte einer Fluggesellschaft an einem koordinierten Flughafen ab Oktober nur dann weiter vor dem Zugriff der Konkurrenz geschützt, wenn sie mindestens 50 Prozent ihrer Slots nutzt.
Eine niedrigere Vorgabe bleibe bestehen, um zukünftigen unvorhergesehenen Umständen entgegenzutreten, erklärte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean am Montag. Der Vorschlag der Kommission zur Verlängerung der niedrigeren Vorgabe muss noch vom EU-Parlament und dem Rat der EU angenommen werden.
Flughäfen begrüßen neue Regelung
Der Flughafenverband ACI Europe hat den Vorschlag der Europäischen Kommission begrüßt. “Die Entscheidung der Kommission ist ein erster und entscheidender Schritt zur Wiedereinführung der Slot-Nutzungsregeln, da sich der Luftverkehr zu erholen beginnt”, teilte der Verband mit.
Während die Impfungen weltweit weiter voranschreiten würden, würden auch die koordinierteren Maßnahmen zur Erleichterung des Personenverkehrs durch das digitale Covid-Zertifikat der EU zu einer allmählichen Stabilisierung und besseren Vorhersagbarkeit des Verkehrsaufkommens beitragen, hieß es. Im Sommer 2022 sollte man zur normalen 80/20-Regel zurückkommen.
Widerspruch kommt vom internationalen Airline-Verband Iata, der die Entscheidung als "realitätsfremd" bezeichnete. "Wieder einmal stellt die Kommission unter Beweis, dass sie den Bezug zur Realität verloren hat", sagte Iata-Generaldirektor Willie Walsh.
Nach Schätzungen der Iata wird der internationale Reiseverkehr bis Ende 2021 nur 34 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen. Besonders Langstreckenbuchungen liegen mit gerade mal 20 Prozent deutlich unter dem Niveau von 2019. Zudem sei die Winternachfrage auch in guten Jahren immer geringer als die Nachfrage im Sommer. Die Iata befürchtet, dass Airlines Leerflüge auflegen könnten, um die Slots zu halten.
Nutzungspflicht nach Corona überarbeitet
Die EU-Kommission hatte im März 2020 beschlossen, die Slot-Regeln im Zuge von Corona zunächst bis Oktober 2020 gänzlich auszusetzen. Airlines verloren damit ihre bisherigen Start- und Landerechte nicht, egal ob ein Flugzeug abhob oder nicht. Die Ausnahme wurde dann wegen der anhaltenden Pandemie bis zum Beginn des Sommerflugplans 2021 verlängert.
Für die Sommersaison 2021 wurden die Regeln dann nicht weiter komplett ausgesetzt, sondern nur noch gelockert. Fluggesellschaften konnten vorab bei der Koordinierung auf die Hälfte ihrer Slots verzichten und mussten dann von den verbleibenden Slots nur die Hälfte tatsächlich nutzen, ohne jeweils die Start- und Landerechte zu verlieren.
Somit müssen Airlines im aktuellen Flugplan bis Ende Oktober nur rund ein Viertel ihrer Slots tatsächlich nutzen, ohne dass sie ihr Besitzrecht für die folgende Flugplanperiode an diesen verlieren und Konkurrenten Zugriff darauf bekommen. Normalerweise liegt die Rate zur verpflichtenden Nutzung (sog. "Grandfather Rights") bei 80 Prozent.
ACI will Slot-Regeln generell überarbeiten
Währen vor allem die klassischen Netzwerk-Airlines sorgenvoll auf die Entwicklung blicken, freuen sich agilere Konkurrenten wie Billigfluggesellschaften und Ferienflieger bereits auf die frei werdenden Slots an den großen Flughäfen. Sowohl Ryanair als auch Wizz Air hatten beispielsweise immer wieder während der Pandemie die Praxis der Freihaltung von "Zombie"-Slots als "illegal" bezeichnet.
ACI Europe bekräftigt die Forderungen nach einer generellen "umfassenden Überarbeitung" der Slot-Verordnung, "die 28 Jahre alt und für den heutigen Markt völlig unzureichend ist", sagte der europäische ACI-Generaldirektor Olivier Jankovec. "Sobald die Auswirkungen der Krise auf den Luftverkehr gründlich ausgewertet und die Lehren daraus gezogen wurden, freuen wir uns darauf, uns an einer grundlegenden Überarbeitung der Verordnung zum Nutzen aller zu beteiligen."