Embraer hat in einem Video weitere Details zum geplanten Turboprop-Neudesign veröffentlicht. Das neue Flugzeug trägt den Namen "TPNG90", ein Turboprop-Flugzeug (TP) einer neuen Generation (NG) – offensichtlich mit 90 Sitzen.
Der Name würde passen, auch wenn er offiziell noch nicht bestätigt wurde. Der bisher zirkulierende Programmname für das neue Embraer-Regionalflugzeug lautet "E3", allerdings machte bereits schon von einem Jahr die Bezeichnung "TPNG70" für eine 70-sitzige Variante die Runde; zuletzt war auch von einem 50-Sitzer zu hören.
Zur Kapazität des Flugzeugs macht Embraer selbst allerdings noch keine Angaben und nennt im Video allgemein das Segment "bis zu 150 Sitzen" als Zielmarkt, was für Turboprop-Flugzeuge sehr groß wäre. Zudem soll das Konzept eine Vorbereitung für den Betrieb mit nur einem Piloten ermöglichen.
Der Rumpf selbst erinnert dabei stark an die bestehende E-Jet-Familie. Die TPNG soll die gleiche Kabinenausstattung wie die E2-Familie haben und die Verlegung der Triebwerke nach hinten für deutlich weniger Lärm in der Kabine sorgen.
Ein "Transformationsflugzeug"
Die neue Turboprop-Maschine wird in dem Video als "Zukunftsvision" und "Transformationsflugzeug" bezeichnet. Es ist für den Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff vorbereitet, so Embraer auf seiner Konzeptseite. Außerdem soll die Nutzung von nachhaltigem Flugtreibstoff (SAF) von Anfang an vorgesehen sein. Allgemein spricht Embraer von einer Schadstoffreduktion von 15 Prozent im Vergleich zu aktuell am Markt befindlichen Turboprop-Maschinen.
Allerdings gibt es bei den TPNG-Flugzeugen auch gewisse Ähnlichkeiten zu den Bildern der "Energia"-Konzepten des Herstellers, die allerdings erst für einen Zeitraum von 2030 bis 2040 angekündigt sind und unter anderem elektrisches oder hybrid-elektrisches Fliegen vorsehen.
Im Vergleich zu bestehenden Designs von Turboprop-Passagierflugzeugen unterscheidet sich Embraer durch eine andere Positionierung der Triebwerke. Nach derzeitigem Stand werden die Turboprop-Triebwerke seitlich des Seitenleitwerks am Heck positioniert.
Zeroavia plant Ähnliches, indem CRJ-Flugzeuge hinten mit Propellern statt der Jet-Triebwerke ausgestattet werden.
Die Konkurrenz plant ebenfalls für die Zukunft
Embraer würde mit dem Flugzeug mit Designs der 1980er-Jahre konkurrieren, wie beispielsweise der Dash 8. Hersteller De Havilland arbeitet derzeit an Verbesserungen, die mit der Wiederaufnahme der Produktion einhergehen. So wird das zulässige Abfluggewicht erhöht, was beispielsweise für mehr Gepäck oder einen vom Tanken unabhängigeren Flugbetrieb sorgen soll. Mit Fuel Tankering wird die Reichweite etwa verdoppelt, um entlegene Flughäfen ohne Tankmöglichkeiten besser anzubinden.
Zudem hat De Havilland ein Frachterumbauprogramm, mit dem ältere Flugzeuge in reine Frachter umgebaut werden können, gestartet. Auch flexible Lösungen, die einen schnellen Wechsel zwischen Passagier- und Frachtkonfiguration erlauben, sind möglich.
ATR wiederum konzentriert sich aktuell auf seine Kurzstartversion ATR-42-600S, die mit niedriger Beladung nur noch 800 Meter Pistenlänge benötigt. Für die Zukunft ist außerdem das ATR-Evo-Programm für 2030 geplant. Mit neuen Propellern, 20 Prozent weniger Kerosinverbrauch und einer hybrid-elektrischen Einsatzfähigkeit will ATR die nächste Generation der Turboprop-Flugzeuge bauen. Das Programm soll 2023 starten.
Mitte des Jahrzehnts will Embraer soweit sein
Während bei De Havilland erst wieder die Produktion mit minimalen Änderungen starten möchte und ATR noch bis 2030 brauchen dürfte, will Embraer dazwischen bereits fertig werden. Der brasilianische Flugzeughersteller gibt den Anfang der zweiten Hälfte des Jahrzehnts an. Eine wasserstoffbetriebene TPNG90 könnte bis 2045 folgen.
Embraer Zeitlinie für zukünftige Flugkonzepte © Embraer
Einer der nächsten Schritte wird nun die Auswahl des Triebwerks werden. Laut Informationen von Reuters wird Embraer sich entweder für Rolls Royce oder Pratt & Whitney entscheiden. Im vierten Quartal soll der Hersteller feststehen.