Stars aus dem Showgeschäft und milliardenschwere Unternehmer wie Elon Musk lassen sich damit ebenso ärgern wie russische Logistikunternehmen und die chinesischen Behörden:
Flugtracking-Websites und Twitter-Konten, mit denen sich Flüge in Echtzeit verfolgen lassen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und machen mitunter sogar weltpolitische Ereignisse wie den Taiwan-Besuch der US-Demokratin Nancy Pelosi direkt erlebbar.
Kein Wunder, dass andererseits Beschwerden und Maßnahmen gegen die Anbieter zunehmen. Ob von russischen Frachtfirmen, saudiarabischen Flugzeugbesitzern oder anderen – die US-Flugzeug-Ortungswebsite "ADS-B Exchange" bekommt jedes Jahr Dutzende Aufforderungen, die Aufenthaltsorte und Routen bestimmter Maschinen nicht zu veröffentlichen.
"Bislang haben wir nichts entfernt", betont Websitegründer Dan Streufert. "Das sind alles öffentliche Informationen. Und ich möchte nicht darüber richten, wer Recht hat und wer nicht."
Signale können mit einfacher Ausrüstung empfangen werden
Manche Fälle sind grenzwertig, aber die Betreiber von Flugzeugortungsdiensten betonen, dass die grundlegenden Informationsquellen legal zugänglich sind und jedem mit der richtigen Ausrüstung offen stehen. Denn nach US-Recht müssen Flugzeuge in ausgewiesenen Gebieten mit ADS-B-Technologie ausgerüstet sein, die ihre Position sendet. Diese Signale können mit einfacher Ausrüstung empfangen werden.
Ein Anbieter wie der in Schweden ansässige "Flightradar24" nutzt 34.000 solcher Empfangsgeräte für Flugsignale, die zumeist von Freiwilligen betrieben werden. Aus diesen Daten werden zusammen mit Flugplänen und Informationen über die Maschinen die Flugrouten errechnet.
Flugzeuge am Himmel über Europa auf "Flightradar24". © Flightradar24
Den Eigentümer eines Flugzeugs herauszubekommen, erfordert mitunter allerdings etwas Detektivarbeit. So startete der Student Jack Sweeney eine Anfrage bei der US-Regierung zu einem Dokument über den Besitzer eines bestimmten Privatjets: Tesla-Gründer Musk.
Twitter-Account zu Elon Musks Privatjetflügen
Mit seinem Twitter-Konto "@ElonJet" zu den Flügen von Musks Jet bekam Sweeney einige Aufmerksamkeit – und ein Angebot des US-Milliardärs, das Konto mit mittlerweile mehr als 480.000 Abonnenten gegen eine Zahlung von 5000 Dollar zu schließen.
"Das ist so viel Zug drin, irgendetwas muss ich richtig machen", sagt Sweeney. Die Leute interessierten sich nun einmal sehr dafür, "was Promis machen – das und die ganze Sache mit den Emissionen", sagt der 19-Jährige mit Blick auf den Treibhausgasausstoß von Flugzeugen.
Der Privatjet von Elon Musk: eine Gulfstream G650ER. © AirTeamImages.com / Darryl Morrell
Mittlerweile betreibt Sweeney einige weitere Twitter-Konten zu den Flügen diverser Promis. Eines davon machte im Juli öffentlich, dass Reality-Star Kylie Jenner ihren Privatjet für einen nur 17-minütigen Flug starten ließ. Es hagelte Kritik an der 25-jährigen Milliardärin.
"Uns Arbeiterklasseleuten macht man bei einem Flug im Jahr für einen dringend nötigen Urlaub ein schlechtes Gewissen, während all diese Promis Privatjets täglich nehmen, als wäre es ein Uber-Wagen", schrieb etwa die Twitter-Nutzerin "@juliphoria".
"Die Daten sind schon da draußen"
Weder Sweeney noch Streufert haben Angst, mit ihren Diensten eine Grenze zu überschreiten. Schließlich könne jeder die Flugsignale mit Elektronik im Wert von gerade einmal 100 Dollar selbst abgreifen, versichert Streufert. Auch Sweeney sagt: "Die Daten sind schon da draußen. Ich verbreite sie nur."
Außerdem lässt sich mit diesem Service Geld verdienen – wie viel ist allerdings unklar. Streufert verrät nur, dass er davon leben kann. Sweeney verdient nach eigenen Angaben bislang nur etwa 100 Dollar pro Monat. "Flightradar24" will seine Einkünfte gar nicht offenlegen.
Und die Bedeutung der Ortungsdienste geht weit darüber hinaus, Promis in Verlegenheit zu bringen. Das zeigte sich jüngst, als hunderttausende Menschen im Internet verfolgten, ob die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, trotz scharfer Warnungen Pekings nach Taiwan fliegt.
Flugzeugortungsdienste mit politischer Dimension
Außerdem wurden Daten von "ADS-B Exchange" im Bericht einer Nicht-Regierungsorganisation zitiert, in dem der europäischen Grenzschutzagentur Frontex vorgeworfen wurde, Migranten von der Überquerung des Mittelmeers abzuhalten. Und US-Medien nutzten solche Daten, um zu belegen, dass 2020 Anti-Rassismusproteste in Washington per Flugzeug überwacht wurden.
2021 berichteten chinesische Staatsmedien, dass die Regierung wegen "Spionage"-Risikos hunderte Geräte für den Empfang von Flugsignalen beschlagnahmt habe. Streufert wundert das nicht, wie er sagt. "In vielen Fällen mögen autoritäre Regime diese Enthüllungen nicht."