Alles hat ein Ende, © Kollage mit DPA
Karl Born zu Air Berlin. © Kollage mit DPA
{ "@context": "https://schema.org", "@type": "ImageObject", "url": "https://img.airliners.de/2022/08/karl-born-airberlin-3B2oyV__wide__970", "copyrightHolder": {"@type": "Person", "name": "© Kollage mit DPA"} }

In seiner Reihe "Die Born-Ansage" veröffentlicht der ehemalige Condor-Vertriebschef, Tui-Vorstand und Touristik-Honorarprofessor Karl Born auf airliners.de Kolumnen zum aktuellen Geschehen in der Luftverkehrswirtschaft.

Getreu der Überschrift dieser Ansage "Alles hat ein Ende" habe ich für mich entschieden, dass mit der heutigen Ansage 193 Schluss sein soll. Ich habe auch keinen falschen Ehrgeiz, noch eine "runde Nummer 200" zu schaffen.

Auch die oft verwendete Abschiedsfloskel, "wenn es am schönsten ist, soll man gehen", greift bei mir nicht.

Man weiß nämlich nie, wann es am schönsten ist. Es kann ja sein, dass sich später herausstellt, wie viel schöner es noch geworden ist. Oder man verpasst diesen Moment, nur um später festzustellen, dass das Schönste schon vorbei war.

Bei diesen Gedanken ergeben sich interessanterweise einige Parallelen zu Air Berlin.

Am schönsten war es nach dem Börsengang

Als ich am 19. Februar 2015 meine allererste Born-Ansage auf airliners.de veröffentlichte, lag der Börsengang der Airline schon neun Jahre zurück. Dieser gelungene Gang zur Börse war zweifelsohne euphorischer Höhepunkt für Joachim Hunold und sein Air-Berlin-Team.

"Geld wächst auf den Bäumen", war die Erkenntnis und das schien wie die Erfüllung des Traums. 510 Millionen Euro Erlös waren eine schöne Summe, wenn auch 360 Millionen Euro weniger als geplant.

Doch als Erstes stiegen fast alle Altgesellschafter aus, nicht ohne sich ihren Anteil vergolden zu lassen. Im Nachhinein ist es wirklich beeindruckend: Manche bei Air Berlin wussten also wirklich, wann es am schönsten war.

Andere nicht – und die konnten damals vor Kraft kaum laufen. So ging man auf Einkaufstour. Der Einstieg bei DBA im Jahr 2006 war zumindest noch teilweise strategisch sinnvoll, der Kaufpreis aber zu hoch.

Der Kauf von LTU im Jahr darauf war dagegen die Verwirklichung von Hunolds persönlichem "I have a dream". Doch man sollte sich nicht blind alle Träume erfüllen, das kann negative Konsequenzen nach sich ziehen. Vor allem, wenn man darüber die Wirtschaftlichkeit vergisst.

Es ist fast ein Treppenwitz in der Lebensgeschichte von Hunold, dass der wahrscheinlich emotionale Höhepunkt seines Wirtschaftslebens, der Kauf jener Firma, die ihn zuvor gefeuert hatte, gleichzeitig aber der Wendepunkt auf der Air-Berlin-Erfolgsleiter war.

Die Sargnägel der Air Berlin

Nach Meinung fast aller Experten war der Kauf der LTU einer der "Sargnägel" für Air Berlin. Denn ab diesem Moment wurde es bei Air Berlin nicht mehr schöner.

Nur der Vollständigkeit halber sei hier der zweite "Sargnagel" für Air Berlin erwähnt: Mit vollkommen falschen Zukunftserwartungen wurde 2009 zwischen Tui und Air Berlin ein Vertrag über 14 Tuifly-Flugzeuge im Wet-Lease abgeschlossen. "Überraschenderweise" stellte sich heraus, dass dieser Vertrag keine kurzfristige Korrektur- oder Stornomöglichkeit beinhaltete, jedenfalls nicht für Air Berlin. Und Tui hatte kein Interesse, etwas zu ändern.

Am 22. August 2011 erklärte Hunold dann mitten in einer Pressekonferenz nach Hape-Kerkeling-Art: "Ich bin dann mal weg". Leider ohne seine Mitarbeiter vorher zu informieren, die es dann teilweise aus dem Radio erfuhren – unnötig und vor allem unschön.

Die LTU-Integration in die Air Berlin misslang in der Folge – fast auf den Tag genau sechs Jahre später endete das in der Insolvenz. Doch vorher keimte nochmals Hoffnung auf. Etihad stieg mit 29 Prozent bei Air Berlin ein und die Petrodollars sollten es jetzt richten – quasi eine Art zweiter Börsengang für Air Berlin.

Wirklich schön wurde es auch danach nicht mehr. Nach einem kurzen Zwischenspiel von CEO Wolfgang Prock-Schauer kam dann Stefan Pichler als große Sanierungshoffnung. Ab hier beginnt der Parallellauf der Born-Ansage mit Air Berlin. Kommentar aus dem Hause Air Berlin auf die erste Ansage: "Finden wir nicht gut, wir möchten in Zukunft überhaupt nicht mehr in einer Born-Ansage vertreten sein."

Ich belasse es an dieser Stelle einfach bei einer kleinen Auswahl an Überschriften zu weiteren Air-Berlin-Ansagen bis zur Insolvenz und verlinke:

Viel zu schnell stellte sich heraus, dass sich Etihad nicht als selbstloser Geldgeber, der die Air Berlin beschenken wolle, sah. Die "Scheichs" (allgemeiner Sprachgebrauch bei Air Berlin über die Abgesandten von Etihad) hatten knallharte Eigeninteressen.

Meinen Vorschlag damals, "Air Berlin braucht einen Glücksvorstand", hat leider niemand gehört. Stattdessen kam 2017 Thomas Winkelmann zur Air Berlin und das war gerade das Gegenteil von Glück.

Ein vermeintlicher Retter, der sich sein Gehalt durch eine Bankbürgschaft absichern lässt? Vertrauen in den neuen Job sieht anders aus! Viele sahen in dem bisher erfolgreichen Lufthansa-Manager den "bestellten Bestatter" für Air Berlin.

Wie es nach der Insolvenz weiterging

15. August 2017: Insolvenz, Etihad hatte den Geldhahn zugedreht. An dieser Stelle mache ich einfach mal weiter mit der Chronik, die dieser Tage auf airliners.de zu lesen war. Denn weitere Air-Berlin-Retter tauchten plötzlich fünf Minuten vor Schluss auf. Die Retter meckerten viel über die Rolle der Lufthansa bei Air Berlin (zu Recht).

Hans-Rudolf Wöhrl muss wohl starke Entzugserscheinungen gehabt haben, als er sich per Medien als Käufer und Retter für seinen "Herzblut-Carrier" ins Spiel brachte. Die Medien stilisierten ihn als Sanierungsexperten, er sei der große LTU-Retter und DBA-Sanierer. Keines von beiden war richtig. Der CEO eines der großen Unternehmen in der Branche bestätigte mir persönlich, dass er nach Sichtung der LTU-Unterlagen gesagt habe: "Mehr als einen Euro kann ich dafür nicht bieten".

Dass Ryanair-Chef Michael O'Leary die Air Berlin in Gänze übernehmen wollte, darüber konnte man selbst als Witz nicht lachen. Doch auch Niki Lauda schaltete sich ein. Lauda war sehr sparsam und sehr auf seinen Vorteil bedacht. Nie im Leben würde er so viel eigenes Geld investieren. Einen Moment sah es so aus, als ob ich mich geirrt hätte, als er zumindest einen Teil übernahm. Aber im März hieß es dann: "Lauda lässt die Maske fallen and the winner ist Ryanair".

Jetzt war die Zeit gekommen, auf die sich eine Expertengruppe bei Lufthansa schon seit einem Jahr vorbereitete, auf das, was zu tun ist, wenn Air Berlin insolvent geht.

Zumindest hatte dies CEO Carsten Spohr nach der Insolvenz von Air Berlin selbst erzählt. Jetzt galt es also! Immerhin hatte er doch schon Winkelmann bei Air Berlin eingeschleust (da waren sich Außenstehende immer sicher). Es gibt gute und es gibt schlechte Zeitpunkte für eine Übernahme. Jetzt war ein guter.

Der "nationale Champion" übernimmt

Ein Desaster so kurz vor einer Bundestagswahl konnte jedoch niemand brauchen, da half der Bund gerne mit einem Überbrückungskredit. So konnte Air Berlin in der Luft bleiben, verlor nicht an Slot-Wert und es gab keine Bilder von gestrandeten Urlaubern im TV. Denn die mussten alle pünktlich zur Wahl nach Hause kommen.

In der Regierung hatte Spohr breite Unterstützung durch Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Die machten keinen Hehl daraus, dass der "nationale Champion" so viel bekommen soll, wie er will. Und die Absicherung durch Bundeskanzlerin Merkel hatte sich Spohr sicherlich persönlich abgeholt.

So war die Chance für Lufthansa jetzt da.
So viele Flugzeuge wie möglich!
So viel Slots wie möglich!
Betriebsübergang mit Personal? Nein, Danke.

Gar nicht schön für die Mitarbeiter

Worum es bei diesem Poker zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ging, waren die tausenden Mitarbeiter der Airline. Es galt, auch nur den Hauch eines Betriebsüberganges zu vermeiden und das mit allen juristischen Mitteln. Im deutschen Insolvenzrecht geht’s halt nur um Sachwerte, Menschen spielen keine Rolle.

Und wenn man dann noch die volle Rückendeckung der Regierung hat, kann nichts mehr schiefgehen. Als zum Schluss die Air-Berlin-Verhandler noch einmal mit dem Hut umhergingen, um wenigstens eine Transfergesellschaft zu finanzieren, zeigt Spohr seine eiskalte Seite: Game over und legte nichts mehr drauf.

Knapp konnte es nur noch wegen Easyjet werden, die sollten gerade so viel Teile von Air Berlin übernehmen, dass die EU-Behörden den Deal nicht scheitern lassen und es Lufthansa nicht wehtäte. Beobachter haben geschildert, wie Spohr auf der gerade anstehenden Tagung "Airlines-4-Europe" sehr auffällig die Easyjet-Chefin Carolyn McCall bezirzt hat und sie in den offiziellen Diskussionspunkten unterstützte.

Es hat sich gelohnt. Easyjet griff in letzter Minute bei Air Berlin zu, gerade so viel, dass EU und Lufthansa zufrieden waren. Spohr kann eben beides: eiskalt und nett sein.

Wie auch immer, Spohr und damit Lufthansa sind die klaren Gewinner der Air-Berlin-Pleite. Das zeigt sich nun nach Corona umso mehr, da Easyjet entschieden hat, den Berliner Standort deutlich zurückzufahren.

Etwas hat mich am Ende von Air Berlin berührt: Die Airline veranstaltete für die Bodenmitarbeiter (die sich alle selbst um den nächsten Job kümmern mussten) Job-Messen und lud dazu Berliner Firmen ein, die offene Stellen zu bieten hatten. Die anbietenden Firmen waren überrascht und sagten auch in Interviews, welch engagierten Eindruck die Mitarbeiter machten. Die Air-Berlin-Mitarbeiter sind auch nicht für den Untergang des Unternehmens verantwortlich. Erstaunlicherweise sehen sich viele heute noch als "Air Berliner". Ihr Spirit hat bis heute überlebt.

Air-Berlin-Mitarbeiter arbeiteten ungezwungen weit über das Übliche hinaus, getrieben von einem außergewöhnlichen Gemeinschaftsgefühl. Spötter hatten dies schon mal als eine leichte Form des Stockholm-Syndroms bezeichnet.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit

In meiner allerersten Ansage auf airliners.de leitete ich aus dem (Air-)Berliner Olympia-Drama sowie in Anlehnung an den damals gerade viel diskutierten Film "50 Shades of Grey" die Frage ab: "Muss man masochistisch veranlagt sein, um bei einer Airline zu arbeiten?" Die Antwort damals: "Nein, aber es hilft ungemein."

Heute würde ich das für die gesamte Luftverkehrsbranche nicht mehr als Frage, sondern als Feststellung formulieren. Denn Eines ist klar. Bei der heutigen Situation der Luftverkehrsbranche ist es garantiert im Moment nicht am schönsten.

Sehr negativ ist für mich, dass ich zuletzt den Eindruck gewann, "die Branche hat verlernt, ihre Kunden wertzuschätzen" (Ansage 188). Das Gleiche gilt auch für den Umgang mit den eigenen Mitarbeitern (Ansage 169: Wenn der Spirit verloren ist) und die Hilflosigkeit der Branche (Ansage 192), aktuell etwas zur Problemlösung beizutragen.

Und wer das immer alles nur auf Corona schieben will, sei nochmal auf die Ansage 91 "Fliegerei buchstabiert man neuerdings so: C-H-A-O-S" verwiesen, geschrieben am 02. August 2018 – da war von Corona nichts zu sehen.

Es müssen also strukturelle Probleme sein, die nur mit einem gesamtheitlichen "Ruck", um einen ehemaligen Bundespräsidenten zu zitieren, sind, gelöst werden können. Wer geht voran?

Danke für Ihre Aufmerksamkeit über einen langen Zeitraum und alles Gute für die Leser von airliners.de.

Ihr Karl Born

Interessante Einträge aus dem airliners.de-Firmenfinder

TRAINICO GmbH

Kompetenz & Leidenschaft für die Luftfahrt

Zum Firmenprofil

German Airways

Your partner for aviation mobility.

Zum Firmenprofil

GAS German Aviation Service GmbH

Deutschlands größtes FBO & Handling Netzwerk

Zum Firmenprofil

Hamburg Aviation

Für die Luftfahrt in der Metropolregion Hamburg.

Zum Firmenprofil

Wildau Institute of Technology e. V. (WIT)

Berufsbegleitender Aviation-Master und Weiterbildungsformate

Zum Firmenprofil

SFT Schule für Wirtschaft und Tourismus Berlin GmbH

Ihre Reise zu neuen beruflichen Zielen!

Zum Firmenprofil

AHS Aviation Handling Services GmbH

The perfect team for every stop

Zum Firmenprofil

RBF-Originals.de

Ihr Spezialist für "Remove Before Flight"-Anhänger

Zum Firmenprofil

ch-aviation GmbH

Accurate data and news on the airline industry.

Zum Firmenprofil

Angebote und Dienstleistungen aus dem airliners.de-Firmenfinder
Catering & International Press
Catering & International Press GAS German Aviation Service GmbH - We cooperate with local caterers to provide excellent VIP catering for your flight. We know how important in-flight catering is for your passengers an... Mehr Informationen
Jetzt Air Traffic Management studieren
Jetzt Air Traffic Management studieren Hochschule Worms - Der englischsprachige Bachelor-Studiengang Air Traffic Management – dual ist ein ausbildungsintegriertes Studium in Kooperation mit der DFS Deutsche F... Mehr Informationen
Air Cargo Security - Sicherheitsunterweisung des Betriebspersonals
Air Cargo Security - Sicherheitsunterweisung des Betriebspersonals STI Security Training International GmbH - 11.2.7 Allgemeine Schulung des Sicherheitsbewusstseins Grundschulung Jede Person, die an einer allgemeinen Schulung des Sicherheitsbewusstseins t... Mehr Informationen
Urban Air Mobility
Urban Air Mobility Hamburg Aviation - Als eine der ersten Städte ist Hamburg im Juni 2018 offiziell in der Urban Air Mobility (UAM) Initiative der von der EU-Kommission unterstützten Europ... Mehr Informationen
Classic-Anhänger - Remove Before Flight - 2 Stück
Classic-Anhänger - Remove Before Flight - 2 Stück RBF-Originals.de - **2 Classic-Anhänger, Motiv beidseitig aufgestickt: Remove Before Flight** RBF-Originals steht für Markenqualität. Angenehme und zugleich widerstan... Mehr Informationen
All You need we do highspeed
All You need we do highspeed AHS Aviation Handling Services GmbH - Für Passagiere und Airlines: Die AHS Services sind schnell, präzise und zuverlässig. Passenger Services, Operations, Lost & Found, Tickets & Service.... Mehr Informationen
Engine Condition Trend Monitoring (ECTM) - Multimedia Based Training TRAINICO GmbH - The system was developed as a full Internet Application for distance learning and it provides a high quality multimedia based training package for the... Mehr Informationen
Qualifiziertes Personal für den Einsatz rund um den Flughafen
Qualifiziertes Personal für den Einsatz rund um den Flughafen TEMPTON Personaldienstleistungen GmbH - Der Luftfahrt-Personaldienstleister TEMPTON stellt qualifiziertes Personal in Form von Arbeitnehmerüberlassung oder über eine vermittelte Festanstellu... Mehr Informationen