Ein halbes Jahrhundert nach dem ersten kommerziellen Flug der Boeing 747 ist das letzte neue Exemplar des ikonischen Großraumflugzeugs ausgeliefert worden.
Gefeiert wurde der Moment am Dienstag im Boeing-Werk in Everett im US-Westküstenstaat Washington bei einer Zeremonie mit Tausenden Gästen, darunter zahlreiche derzeitige und frühere Mitarbeiter, Zulieferer und Kunden.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr sagte, der Jumbo-Jet habe einen "sehr besonderen Platz" im Herzen aller bei der deutschen Fluggesellschaft. Die Boeing 747 habe die Welt "kleiner" und damit auch "friedlicher" gemacht. Lufthansa ist einer der letzten großen Betreiber des Typs.
Auch der Hollywood-Schauspieler John Travolta – ein passionierter Pilot mit einer Lizenz für die 747 – hielt eine Rede. Der britische Milliardär und Unternehmer Richard Branson, der mit einer einzigen Boeing 747 eine Fluggesellschaft gründete, nachdem er auf einem verspäteten Flug festsaß, bezeichnete sie am Dienstag zum Abschied als "wunderbares Tier".
Zum Abschluss der Zeremonie wurde das Frachtflugzeug vom Typ Boeing 747-8 an die US-Charterfluggesellschaft Atlas Air übergeben.
Das Flugzeug habe "die Welt schrumpfen lassen und als erstes Großraumflugzeug das Reisen und die Luftfracht revolutioniert", sagte Stan Deal, Präsident und CEO der Boeing-Verkehrsflugzeugsparte. Es sei passend, die letzte 747-8 an den aktuell größten Betreiber der 747, Atlas Air, auszuliefern. Atlas Air betreibt aktuell 45 Boeing 747. Die zweit- und drittgrößten Betreiber sind mit UPS und Cargolux ebenfalls Frachtairlines, bevor auf Platz vier die Lufthansa kommt.
Ende mit Ankündigung
Maschinen vom Typ Boeing 747 werden zwar noch Jahrzehnte im Einsatz sein. Trotzdem schließt der US-Flugzeugbauer Boeing mit der Auslieferung des letzten neu gebauten Exemplars ein wichtiges Kapitel der Luftfahrgeschichte. Der Konzern hatte im Sommer 2020 angekündigt, die Produktion der "Königin der Lüfte" auslaufen zu lassen.
Die Boeing 747 mit dem charakteristischen Buckel war 1970 in Betrieb genommen worden und lange Zeit das größte Passagierflugzeug der Welt. In der vierstrahligen Maschine finden in der größten Version bei enger Bestuhlung rund 600 Menschen Platz.
Boeing hatte in den 1960er Jahren mit der Entwicklung der 747 begonnen, unter anderem auf Drängen der US-Fluggesellschaft Pan Am. Damals war die Luftfahrt im Aufwind, immer mehr Menschen wollten mit dem Flugzeug verreisen. Die Boeing 747 mit ihrer hohen Passagierkapazität und großen Reichweite hatte es der Mittelklasse ermöglicht, für einen bezahlbaren Preis auf der Langstrecke zu fliegen.
"Jumbo-Jets" wie Boeings 747 mit ihren vier Triebwerken gelten vielen Airlines mittlerweile als zu teuer im Betrieb. Zudem lassen sie sich nur auf viel gefragten Strecken gut auslasten. Im Jahr 2022 lieferte Boeing nur noch fünf 747 aus, während es 1990, dem Spitzenjahr der meistverkauften Version 747-400, noch 70 Exemplare waren.
Das gleiche Problem gab es auch mit dem doppelstöckigen Airbus A380, der Boeings Jumbo nach der Jahrtausendwende mit Platz für bis zu 853 Passagiere als größtes Passagierflugzeug der Welt ablöste. Anfang 2019 beschloss die Airbus-Führung, die Produktion des Jets mangels Nachfrage im Jahr 2021 auslaufen zu lassen – nur rund 14 Jahre nach seinem ersten Linienflug.
Abgelöst werden die Großflugzeuge von anderen Riesen. Die 777X, das Boeing-Nachfolgemodell der 747, wird allerdings nicht vor 2025 zur Auslieferung bereit sein; dennoch richtete Boeing-CEO David Calhoun seinen Blick zum Abschied auf diese Zukunft: "Die 777, das nächste Flugzeug, das diesen Raum dominieren wird, hat alle Konkurrenten einfach so verdrängt – und wir haben noch nicht einmal die beste Version auf den Markt gebracht."
Noch 350 Exemplare im Einsatz
Im Laufe der Jahrzehnte wurden 1574 Boeing 747 gebaut. Das Flugzeug wurde von Anfang an entwickelt, um auch als Frachtmaschine dienen zu können – und dürfte insbesondere in diesem Sektor noch lange im Einsatz sein.
Airline | Anzahl |
---|---|
Air China | 5 |
Asiana | 1 |
Korean Air | 8 |
Lufthansa | 24 |
Mahan Air | 1 |
Sands | 1 |
Heute ist die "Königin der Lüfte" laut CH-Aviation nur noch bei sechs Passagierairlines im Einsatz. Die Lufthansa betreibt demnach aktuell 24 Exemplare der 747-8 und 747-400 – die größte Flotte im Passagiereinsatz. Insgesamt sind allerdings noch rund 350 Boeing 747 weltweit in der Luft, zumeist im Frachteinsatz, vielfach aber auch für Regierungen, wie diese Auflistung sämtlicher aktueller 747-Betreiber zeigt:
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Denn Boeings "Jumbo" dient nicht nur als Passagier- und Frachtjet – in etlichen Spezialversionen haben die Maschinen auch besondere Aufgaben. Eine davon steht sogar noch zur Auslieferung an: die im Auftrag des Pentagons entwickelte neue "Air Force One". Diese fliegende Hightech-Festung für US-Präsidenten ist für Boeing ein wichtiges Prestigeprojekt, sorgte in den vergangenen Jahren aber für viel Ärger.
Boeing hatte 2018 unter Ex-Chef Dennis Muilenburg mit dem damaligen Präsidenten Donald Trump den Bau der neuen Air Force One vereinbart, doch die Kosten liefen aus dem Ruder. Im April 2022 räumte Muilenburgs Nachfolger Calhoun ein, dass der Deal zu milliardenschweren Belastungen führte und Boeing ihn "wahrscheinlich" nicht hätte eingehen sollen.